DIE ORGELN DES MAGDEBURGER DOMS

Drei Instrumente mit besonderer Prägung

Alexander Schuke Orgelbau,

1970

Die Paradiesorgel

Nach der Wiedereröffnung des Domes 1955 - ohne Orgel - kämpfte der damalige Domorganist Gerhard Bremsteller lange um eine angemessene neue Orgel für den Dom. Als die Heilige-Geist-Kirche, 1950 bereits wiedereingeweiht, 1959 von den Sozialisten doch gesprengt wurde, kam die Schuster-Orgel von 1957 (II/27) in den Dom und wurde im Südseitenschiff aufgestellt. Sie war von bescheidener Qualität und Größe und konnte für den Dom keine Dauerlösung sein. Bremstellers leidenschaftlicher Kampf um ein neues Instrument blieb leider erfolglos; Pläne für eine große Hauptorgel auf der Westempore stießen auf Widerstand von der Denkmalpflege und anderswo, und seine Vorstellungen galten als gänzlich unfinanzierbar. Auf Anraten des damaligen Orgelrevisors im Konsistorium der Kirchenprovinz Sachsen Willi Strube einigte man sich auf den Bau einer "Schwalbennestorgel" im Nordquerhaus. Leider ging die Idee, an sich nicht verkehrt, nicht auf, da das Instrument, anders als, zum Beispiel, die Orgel des Straßburger Münsters, sich nicht in unmittelbare Nähe der Gemeinde befindet, sondern versteckt, unsichtbar für die meisten und nur verschwommen zu hören platziert ist. 1970 wurde sie fertig und eingeweiht; Bremsteller war bis dahin bereits im krankheits-bedingten vorgezogenen Ruhestand in West Berlin und erlebte dies nicht. Dennoch ist sie eine ganz wunderbare Orgel, trotz der Material-knappheit, die den Orgelbau im Sozialismus plagte. Einige der Folgeerscheinungen davon sind wir dabei zu beseitigen, ohne den Charakter eines zwar unverkennbar neobarocken doch sehr beseelten Instrumentes zu verändern.

Die Schusterorgel wurde 1975 in die Nikolaikirche in der Neustadt umgesetzt, wo sie ohne Gehäuse und einige größere, nicht passende Pfeifen wiederaufgebaut wurde.





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Schuke Orgelbau (Werder),

2008

Die Westorgel

Als Barry Jordan 1994 Domorganist wurde und die Orgelmusik liturgisch so wie konzertant am Dom wieder etwas mehr ins Mittelfeld rückte, wurde es deutlich, daß eine neue Orgel auf der Westempore nicht nur wünschenswert, sondern notwendig war. Schließlich war und ist der Dom nicht nur die Pfarrkirche einer kleinen aber lebendigen Gemeinde, sondern auch ein Touristenmagnet und ein wichtiges Kulturzentrum. Es wurde bald klar, daß die kleine und arme Kirchengemeinde bei den finanziellen Dimensionen des Neubau-Projektes völlig überfordert sein würde.

Aus diesen Gründen gründeten einige Verbündete zum Zweck der Förderung des Neubaus unter dem Namen "Aktion neue Domorgeln Magdeburg" einen eingetragenen Verein. Nach Überwindung einiger bürokratischen Hürden gelang es schließlich 1998, die Steuerbegünstigung zu erlangen und die Arbeit richtig aufzunehmen. Am Ende wurde dieser Verein nicht nur Unterstützer sondern auch Auftraggeber bei dem Bau von zwei neuen Orgeln.

Der Plan sah eine große sinfonische Orgel für den Dom vor. Das Instrument sollte dennoch nicht ausschliesslich dem französischen Stil verpflichtet sein, sondern für Einflüsse aus anderen romantischen Orgelbautraditionen offen sein.

Dank großzügiger Unterstützung aus der öffentlichen Hand, vor allem die Übernahme der Hälfte der vorgesehenen Gesamtsumme von damals 3,8 Millionen DM durch das Europäischen Union im Rahmen einer Maßnahme des Europäischen Fonds für regionalen Entwicklung, einer sehr großzügige Zuwendung von Lotto-Toto und einer von der Stadt Magdeburg sowie dem großen Einsatz der Volksbank Magdeburg, konnte 2002 eine Ausschreibung des Projektes durchgeführt und einen Auftrag vergeben werden. 2003 wurde Vertrag mit der Firma Alexander Schuke Orgelbau Potsdam (jetzt Werder an der Havel) unterschrieben.

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Glatter-Götz Orgelbau und Rosales Organ Services

(Los Angeles), 2012 

Die Orgel im Remter

Nach dem Abbau des 1997 stillgelegten Orgel von 1949 im Remter des Domes - der für bis zu sieben Monate des Jahres Gottesdienststätte der Domgemeinde ist, da der Dom selber seit 1945 nicht mehr heizbar ist - war der Weg frei, nach einer Restaurierung des Raumes, für den Neubau einer Orgel. Viele Jahre musste ein bescheidenes Digital-gerät als "Domorgel" in den Wintermonaten dienen.

Es galt als wünschenswert, die Orgel nicht wieder an die nördliche Wand, quasi die Stirnseite des langen, niedrigen Raumes zu stellen, da die Klang-austrahlung durch das niedrigen, sich oft wiederholenden Gewölbe sehr beeinträchtigt wurde. Zusätzlich muss die Orgel auch für Andachten und kleinere Gottesdienste in der sich im 90° Winkel zur Flucht des Hauptraumes angrenzenden Marienkapelle. Man entschied sich daher, das Instrument zwischen den zwei Räumen zu errichten. Sie verfügt über ein Doppelprospekt, mit dem Hauptwerk auf der Remterseite und das Hinterwerk, welches schwellbar ist, zur Kapelle hin. Schwelltüren öffnen unabhängig voneinender nach vorne oder nach hinten, um die Variabilität des Instruments bei der Begleitung der Gemeinde in den zwei Räumen zu erhöhen. Das Pedal steht zwischen den zwei Manualwerken; die größten Pfeifen des Subbass, die eine klangliche Sperre gebildet hätten, liegen oben auf.

Klanglich hat die Orgel eine ganze eigene Persönlichkeit. Sie ist mehr als brauchbar für barocke Literatur, vor allem mitteldeutscher Herkunft, aber ist eventuell allem voran für frühromantische Musik prädestiniert. Ihre rein mechanische Traktur ist überaus präzise, leichtgängig und fein.







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